Reminiszenz an eine lang vergangene Zeit
Wann nimmt man sich schon einmal die Zeit und hat die Muße, sich an längst Vergangenes zu erinnern? Fotoalben verstauben im Regal oder im Keller. Aber ich bin auf einen alten Text gestoßen, tief in einem Ordner meines Rechners, und viel zu schade, um nicht aus seinem Dornröschenschlaf erweckt zu werden.
1980/81 habe ich ein Jahr lang in Rom gelebt. Kurzentschlossen und Hals über Kopf habe ich mich in ein Abenteuer gestürzt, wie das meine Art ist. Und wie ich es 2020 mit Portugal gemacht habe. Beide Aufenthalte waren kein Zuckerschlecken, zwar spektakulär in den Augen der anderen, aber hart für mich. Beide Male habe ich mich intensiv mit der Sprache auseinandergesetzt, was in Portugal eine grausame Prozedur war und wenig gebracht hat. Mein Italienisch aber, das konnte sich sehen lassen. Seit Italienischkurse in Deutschland allerdings Konjunktur haben, habe ich aufgehört, beim Italiener meine Pasta in Originalsprache zu bestellen. Der einzige Satz, der über die Jahrzehnte ab und zu über meine Lippen kommt, lautet: Ho vissuto a Roma per un‘anno.
Im Rückblick fühlt sich diese Zeit wie ein anderes Leben an. Das einzige, worin ich mich heute noch mit meinem damaligen Ich fest verbunden fühle, ist die Liebe zu Sprache und Sprachen. Wie so oft habe ich damals wie heute locker aus dem Handgelenk Worte benutzt, die mich selbst aufmerken lassen. Reminiszenz – wie komme ich darauf? Wie so oft schaue ich nach und stelle fest: Passt! Woher kommt das nur, wer gibt mir die Wörter? Viele davon, und viele Formulierungen, gehen nach und nach verloren, leider. Ich bleibe ihnen treu, denn: Die Arbeit an der Sprache ist Arbeit am Gedanken (Mein Lieblingsspruch).
Das Titelbild des Dichters Dante Alighieri in Verona stammt von FinjaM über Pixabay
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