Eine Menge Leute behaupten, wenn wir positiv denken, neigen wir dazu, positive Ergebnisse anzuziehen und uns auf das Gute zu konzentrieren. Unsere Gastgeber vom Cape Coastal Rowing Club in Simon’s Town sind Meister in dieser Disziplin. Aber ob sich das auch auf das Wetter bezieht? Man könnte es meinen. 2017 konnten wir miterleben, wie sie ihr heimisches Revier, die False Bay, in einer gemeinsamen Aktion von Küste zu Küste (42 km) mit Zweiern und Vieren überquerten – bei Kaiserwetter. Und jetzt, gleiches Phänomen. An jedem anderen Tag unseres Aufenthalts bisher hätte ich gesagt „Bleibt zu Hause, vergesst es“. Am Samstag, bei der Vereinsregatta: perfekt.
Was uns in diesem Jahr zu schaffen macht, ist der Southeaster, der seit Wochen keine Ruhe gibt. Für unsere Ruder-Ambitionen heißt das ganz oft: Pustekuchen.
Aber ich will mich nicht beklagen, immerhin waren wir am Samstag dabei, ich bei der Zeitnahme und Volker im Ruderboot. Und es war ein Heidenspaß, den ich erst einmal bebildern will.
Das Phänomen ist gar nicht so leicht zu beschreiben, die Bilder sind erstmal vor allem bunt. Es geht hier um eine kleine Regatta, ungefähr 2 km, die zunächst in einem Vierer-Wettbewerb gefahren werden. Danach folgt eine Staffel aus Einern, Zweiern und Vierern, und es treten immer an Team Blau, Team Weiß, Team Orange. Auf dem letzten Bild ist übrigens das schnellste Team zu sehen, gut gebaute Jugendliche halt, die die Strecke in 7:55 Minuten absolviert haben. Der Verein kooperiert mit zwei Schulen und bietet ein „Rowing Development Program“, das auch gut angenommen wird. Auf dem Titelbild zu sehen ist die Fangemeinde. Ein Teil davon hat sich dann im Motorboot aufs Wasser begeben, um Stimmung zu machen. Kurz zu sehen und der Sound zu hören auf dem folgenden Video, das den Start der Vierer aus dem ersten Rennen zeigt, mittendrin in Blau mein Gatte (mit einem 86-jährigen Schlagmann und mit 8:59 Minuten auch nicht schlecht). Gut drauf waren übrigens nicht nur die Kids, man könnte den Eindruck haben. Es gibt Abstufungen.
Wenn ich von Mindset spreche, dann meine ich die Beobachtung, dass hier ausnahmslos alle immer gut drauf sind (oder zu sein scheinen), Präsenz und Engagement zeigen, egal worum es geht, ob das Klarmachen und Aufräumen der Boote, die Verantwortung für Reparaturen oder die Organisation eines Braai (gemeinsames Grillen von großen Mengen Fleisch). Uns wird mit absoluter Freundlichkeit und Offenheit begegnet, wir werden vom ersten Moment an eingebunden. Nach jeder Ausfahrt fliegen die Herzchen und Daumen hoch und Danke hin und her. Nach jeder (🙄)! Und so weiter. Es liegt so viel Leichtigkeit in der Luft. Und man hat dauernd das Gefühl, dass alles ganz großartig und einzigartig ist, auch wenn das nicht stimmen kann. Aber selbst wenn der Southeaster bläst und Rudern nicht möglich ist, bleibt das Stimmungshoch. Die kleinste Gelegenheit wird beim Schopf gepackt, dann trifft man sich halt zum Wandern, Radfahren oder Grillen. Alles in allem scheint der Erfolg ihnen Recht zu geben. Unsere südafrikanischen Freunde haben Power, Durchhaltevermögen, viel gute Laune und sehen unglaublich gesund aus.
Ich weiß, auf Dauer könnte ich da nicht mithalten. Das Emoji oben gibt ja schon einen Hinweis, wie sich das für mich anfühlt. Ich bin halt deutsch, und dann gibt es da noch diesen Spruch, den ich in meinem Kopf hin und her wälze:
Ein Pessimist ist ein Optimist, der nachgedacht hat.
Vermutlich krankt dieser Satz daran, dass er die Sache verkürzt, wie so viele solch formelhafter Sätze. Wir haben mit einigen der Südafrikaner gesprochen, darüber wie sie die Weltlage sehen und insbesondere die Situation in ihrem Land – beides gibt eher keinen Anlass für gute Stimmung. Dann plötzlich ist viel Betroffenheit und Beunruhigung da, dann zeigt man sich gut informiert, und die Gespräche sind lebhaft und interessant, resultieren aber letztlich in diesem Man-muss-ja-leben-und-dann-bitte-gut. Unterm Strich würde ich mir schon gerne eine Scheibe abschneiden von diesem Mindset, dessen Wirkung ich nicht in Abrede stellen will. Nur das mit dem Wetter – und das hat ja auch niemand ernsthaft behauptet – daran glaube ich nicht.
Fotos: Titel und 1-4 Nick Mason vom CCRC, das Video stammt von mir
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